Fraktion Die Linke/BSW/+ stimmt gegen Doppelhaushalt des Kreises für 2025/2026 – Fraktionsvorsitzender Decruppe begründet Ablehnung - Haushaltsrede im Kreistag
Sehr geehrter Herr Landrat,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
ich möchte zunächst auf den Beginn unserer heutigen Sitzung zu sprechen kommen. Und Ihnen - Herr Landrat - danken für Ihre Worte zur Würdigung der Verleihung des diesjährigen Friedensnobelpreises an die japanische Organisation "Nihon Hidankyo", der Organisation der Überlebenden der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki. – Für den Einsatz dieser Friedensorganisation für eine atomwaffenfreie Welt.
Unser Kreis ist ja aufgrund eines Kreistagsbeschlusses vom 09. Oktober 1986 Mitglied der von Hiroshima und Nagasaki ausgehenden internationalen Städte-Initiative „Mayors for Peace“, die dieses politische Ziel verfolgt.
Im Jahr 1981 hatte ich Gelegenheit, mit mehreren "Hibakusha", wie sich die Opfer der Atombombenabwürfe selbst nennen, eine Vortragsreise zu begleiten. Als Dank wurde mir damals ein einzigartiges Geschenk übergeben, ein eindrucksvoller Bildband über das grausame Geschehen am 06. und 09. August 1945, über die unvorstellbare Vernichtungswirkung der Bombe und das unendliche Leid der Opfer. Der Blick auf diese Städte ist wie ein Blick in die Hölle, in das heute kriegstechnisch mögliche Ende der Geschichte der Menschheit.
Ich möchte mir erlauben, meinen persönlichen und politischen Dank damit zu verbinden, Ihnen, Herr Landrat, diesen Band für den Kreis zu schenken. Und zwar konkret für das projektierte Haus der Bildung, das hoffentlich auch eine Bibliothek enthalten wird. Bildung ohne Bücher ist mir schwer vollstellbar.
Und ich bin der Meinung: Wir brauchen Friedensbildung – nicht Kriegstüchtigkeit.
Nun zum Thema Kreishalt.
Lassen Sie mich mit dem Stellenplan beginnen, der ja zum Haushaltsplan gehört. Unsere Fraktion Die Linke/BSW/+ wird dem Stellenplan zustimmen. Aus zwei Gründen:
Zum einen, weil uns dies Gelegenheit gibt, den Beschäftigten in der Kreisverwaltung für Ihre geleistete Arbeit herzlich zu danken. Wenn ich hinten im Saal Herrn Heller sehe, den Personalratsvorsitzenden hier im Hause, dann bitte ich ihn, diesen Dank und unsere Anerkennung weiterzugeben an die Kolleginnen und Kollegen.
Zum anderen ist der Stellenplan auch politisch höchst bemerkenswert.
Die Beschlussvorlage weist nämlich erstmals in der Geschichte des Kreises über 1.000 Vollzeit-Stellen aus (konkret 1.006,5 Stellen). Ich erinnere mich noch gut an die Etatberatungen im März 2012. Damals - fast alle Fraktionsvorsitzenden saßen schon damals in diesem Raum - wurde der Stellenplan für die Verwaltung verringert auf 781 Stellen und die auch damals das große Wort im Kreistag führende Jamaika-Koalition erklärte - und zwar schwarz-gelb-grün unisono - der Personalkostenansatz müsse zukünftig jährlich um 2 % abgesenkt werden. Diesem neoliberalen Glaubensbekenntnis habe ich in meiner damaligen Haushaltsrede deutlich widersprochen und vorgerechnet, dass eine Absenkung der Personalausgaben von 2 % bei einer Inflationsrate von 2% in fünf Haushaltsjahren eine reale Kürzung der Personalausgaben von 20 % bedeuten würde. Jeder fünfte Arbeitsplatz hätte nach den Jamaica-Plänen in fünf Jahren entfallen sollen.
Das sind Fakten! - Und diese Fakten können Sie alles nachlesen - in den damaligen Drucksachen und Haushaltsreden.
Natürlich bin ich damals für meine Kritik an den Kürzungsplänen belächelt worden.
Umso bemerkenswerter – ja, umso erfreulicher – ist es für mich heute, feststellen zu können, dass die neoliberalen personalwirtschaftlichen Planungen, den die Mehrheitsfraktionen im Kreistag damals vorhatten, kläglich gescheitert ist. Die Zahl der Beschäftigten in der Kreisverwaltung ist nicht weniger geworden – es sind inzwischen über 1.300. Und wie bereits gesagt: 1.006,5 Plan-Stellen. Im Vergleich zu 2012 sind das 225,5 Stellen mehr oder fast 30 % (genau gesagt: 28,87 %).
Die Entwicklung hat uns – den Linken - politisch Recht gegeben. - Einer solchen erfreulichen Entwicklung im Stellenplan stimmen wir daher gerne zu.
Dagegen werden wir, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, den Haushalt ablehnen.
Unsere Ablehnung gründet nicht in Detailfragen des Haushalts.
Wenn mehr als 95 % des Haushalts praktisch feststehen, durch gesetzliche Aufgaben und Ausgaben dem Kreises vorgeschrieben sind und auch die restlichen 5 % - das sind immerhin rund 30 Millionen Euro - kaum politisch gestaltbar sind, weil auch hier Festlegungen bestehen und bindende Verpflichtungen, und zwar für unverzichtbare Ausgaben des Kreises, insbesondere für den sozialen Bereich und für Sozialverbände, dann kann man die Zustimmung oder Ablehnung des Haushalts nicht von Detailpositionen – vom „Klein-Klein“ - abhängig machen. – Wir jedenfalls tun das nicht.
Es geht bei Haushaltsfragen um Grundsatzfragen und politische Grundhaltungen zur Finanzierung der kommunalen Haushalte. Die Abstimmung zum Haushalt muss diese Grundhaltung politisch zum Ausdruck bringen. Und darin unterscheiden wir uns gewaltig.
In einer Vielzahl grundsätzlicher Punkte.
Der erste Punkt ist der „Bohei“ um die Kreisumlage. Ja, das ist „Bohei“. - Als würde die Reduzierung des Hebesatzes die kreisangehörigen Städte dauerhaft wirksam entlasten und der Finanz-Misere der Kommunalhaushalte entgegenwirken. Was für ein Irrtum! Die 50 Millionen Euro, die der Kreis jährlich in den beiden anstehenden Haushaltsjahren aus der Ausgleichsrücklage nimmt, um die Kreisumlage zu senken, ist natürlich kein Pappenstiel. – Aber, das wird die Misere der Haushalte der kreisangehörigen Städte nicht ansatzweise beseitigen. Weil die Misere ja andere Ursachen hat.
Das konservativ-bürgerliche Leitmedium, die FAZ, schrieb vor wenigen Tagen (am 06. November) in einem Kommentar – ich zitiere in Auszügen:
„in den Städten, Gemeinden und Landkreisen (…)sammeln sich seit Monaten all jene Krisensymptome, die eine deutsche Misere beschreiben. Sie entwickeln sich langsam, aber sicher zu einem kommunalen Wirbelsturm. (…)
Bund und Länder werden sich in den kommenden Monaten mit einem Haushaltsnotstand der Kommunen beschäftigen müssen.
Die Gründe dafür liegen nicht nur in der Konjunkturflaute oder in gestiegenen Zinsen. In nahezu allen Bereichen des Sozialstaats, deren Lasten zum großen Teil die Kommunen tragen müssen, ist eine Explosion der Kosten zu beobachten. Grundsicherung, Eingliederungshilfe, Jugendhilfe, Ganztagsbetreuung, Pflege, Asylbewerber, Ukraine-Flüchtlinge sind dafür die Stichworte. (…)
Beschlossen werden die Puzzleteile dieser Überfrachtung nicht von Kommunen, sondern von Bund und Ländern. Zwar steigen auch deren finanzielle Zuweisungen, sie halten aber nicht Schritt mit den Belastungen. (…)
Drei von vier Kreisen werden deshalb demnächst keinen ausgeglichenen Haushalt mehr haben. Das Grundgesetz schließt einen solchen flächendeckenden Missstand aus. Weder der Bundestag noch die Landtage werden ihrer verfassungsmäßigen Aufgabe gerecht, die Kommunen ausreichend zu versorgen.“
Ende des Zitats und ich wiederhole:
„Das Grundgesetz schließt einen solchen flächendeckenden Missstand aus. Weder der Bundestag noch die Landtage werden ihrer verfassungsmäßigen Aufgabe gerecht, die Kommunen ausreichend zu versorgen.“
Dann stellt sich doch die Frage: Warum wird hier politisch nichts unternommen?
Warum wird das aller Orten nur beklagt? – In Ihrer Einbringungsrede zum Haushalt im September, Herr Landrat, haben Sie das ja auch getan. – Wenn auch in vorsichtigen Worten:
„Die aus den letzten zwei Jahren resultierenden Mehraufgaben und Mehraufwände werden leider von Bund und Land nicht ausreichend refinanziert. (…) Diese strukturelle Unterfinanzierung lässt sich mit einem Kreishaushalt nicht beheben.“
Aber warum, frage ich, ergreifen Sie dann nicht die Initiative, politisch und auch juristisch gemeinsam mit Ihren Bürgermeisterkolleginnen und -kollegen gegen diese strukturelle Unterfinanzierung der kommunalen Ebene vorzugehen? – Ja, dann müssten Sie wohl oder übel gegen ihre eigenen Parteikollegen in der Landesregierung vorgehen.
Und Herr Golland, ich frage Sie als Fraktionsvorsitzendenden der CDU: Was haben Sie – und zwar als Mitglied des Landtags - gegen die Finanznot der Kommunen konkret unternommen? – In ihrer Haushaltsrede eben haben Sie zu dem Thema kein Sterbenswörtchen gesagt. - Als wenn es das Problem nicht gäbe.
Und das Struktur-Problem besteht ja nicht erst seit gestern, es besteht seit vielen Jahren.
Deshalb war und ist auch die Analyse und Lage-Beschreibung falsch, die wir in Ihrer Einbringungsrede. Herr Landrat, zu hören bekamen:
„In den letzten zwei Jahren hat sich die Welt nochmals gravierend verändert und auch Deutschland hat sich verändert.“
betonten Sie:
„Neben dem Angriffskrieg Russlands in der Ukraine kam ein weiterer Kriegsherd im Nahen Osten dazu. (…) Die Auswirkungen kennen Sie alle: Energiekostensteigerungen, fehlende Energiesicherheit, Inflation in allen Lebensbereichen, Fluchtbewegungen und Migration, Wohnraumnot und ein gesellschaftliches Auseinanderdriften.“
Diesem „Narrativ“ ist zu widersprechen. - Es geht doch nicht um die „letzten zwei Jahre.“
Über Jahrzehnte wurde nicht ausreichend kommunal investiert. Marode Brücken, Schulen in denen es hereinregnet, Krankenhäuser in Finanznot und viele andere dringend sanierungs- und investitionsbedürftige Bereiche der gesellschaftlichen Infrastruktur sind das Ergebnis.
Fakt ist auch: Die erwähnte Migration gibt es nicht erst seit zwei Jahren; sie gab es schon immer und mit massiven Fluchtbewegungen nach Deutschland haben wir es spätestens seit 2015 zu tun. Wohnungsnot – zu wenige und vor allem zu wenig bezahlbare Wohnungen – gibt es seit vielen Jahren – auch hier im Kreis. Und ein gesellschaftliches Auseinanderdriften – die Spaltung der Gesellschaft in Reiche oben und in Arme, prekär lebende Schichten, – hat mit den Kriegen in der Ukraine und in Nahost nichts zu tun. Diese Spaltung ist die logische Folge einer an Profitmaximierung orientierten Wirtschaftsordnung.
Die oberen 10 Prozent der Bevölkerung halten mit ihrem Reichtum - rund 10,5 Billionen Euro - einen Anteil von rund 61,2 Prozent am gesellschaftlichen Gesamtvermögen, nachzulesen in „Schlaglichter der Wirtschaftspolitik“ (März 2024) des grünen Bundeswirtschaftsministers.
Dagegen ein Schlaglicht von der unteren Seite, veröffentlicht von IT NRW am 06. November: Jede zehnte Person in NRW kann sich keine warme Wohnung leisten. Besonders häufig waren Alleinerziehende (also Frauen) betroffen. Fast ein Viertel (22,6 %) der Personen in Alleinerziehenden-Haushalten kann sich nicht leisten, die Wohnung warm zu halten, schreiben die Statistiker.
Letzte Woche hatte ich ein Gespräch mit der Schwangerschaftsberatungsstelle hier im Kreis. Mir wurde von dem Fall einer jungen Mutter berichtet, die mit ihren Eltern in einer Einzimmerwohnung lebt. Sie müssen sich die Küche, das Bad und selbst das Schlafzimmer teilen, weil die Frau mit ihrem kleinen Kind bei allen Versuchen und großer Unterstützung der Beratung seit Monaten keine eigene Wohnung im Kreis findet. – Christliche Weihnachten in 2024, kann man nur sagen, und beileibe kein Einzelfall.
Auch das ist Gewalt gegen Frauen.
Man denkt unwillkürlich an Heinrich Zille, von dem der Satz stammen soll:
„Man kann einen Menschen mit einer Wohnung genauso töten wie mit einer Axt.“
Auch wenn eine Geburtsstation aus reinen Rentabilitätsgründen des Krankenhausträgers geschlossen wird – Geburten rechnen sich medizin-wirtschaftlich nun mal nicht - und die Schwangeren jetzt einen wesentlich weiteren Weg haben, ist das Gewalt gegen Frauen.
Und bereits seit über einem Jahr wird im Kreis über das Thema „Erweiterung des Frauenhauses“ öffentlich, im politischen Raum und in den Medien, debattiert. Ein Neubau ist unausweichlich, will man dem Bedarf an Plätzen für Frauen, die in unserem Kreis Schutz gegen Gewalt suchen, und der Barrierefreiheit gerecht werden. Im Foyer draußen wurde unmittelbar vor unserer Sitzung eine Ausstellung dazu eröffnet. Im Kreisausschuss im März waren alle dafür. Es ging nur noch um die Prüfung, ob ein Erweiterungsbau möglich oder ein Neubau sinnvoll ist. Aber wenn es dann zum Schwur kommt, wie jetzt bei den Haushaltsberatungen, weil es ja Geld kostet, stimmt Jamaica gegen den Neubau, lassen CDU, FDP und Grünen gewaltbetroffene Frauen im Regen stehen.
Tut mir leid, wenn Sie sich jetzt echauffieren müssen, meine Damen und Herren der Jamaica-Koalition: Sie haben – im Gegensatz zur SPD – den von unserer Fraktioneingebrachten Neubau-Antrag für das Frauenhaus schlicht abgelehnt. Sie haben im Kreisausschuss auch keinerlei Alternativen zur Abstimmung gestellt. Sie lassen die schutzsuchenden Frauen im Kreis im Stich.
Ja, natürlich: Investition in soziale Sicherheit kostet Geld. Das Geld ist auch da, nur in den falschen Taschen.
Zum Beispiel bei den von mir schon erwähnten reichsten 10 %. Eine Vermögensteuer könnte bis zu 20 Milliarden Euro einbringen. Diese Steuer steht unmittelbar den Bundesländern zu und könnte daher von den Ländern direkt zur Finanzierung der kommunalen Ebene genutzt werden.
In der Diskussion wird entgegengehalten, diese Steuer sei verfassungswidrig oder sie sei abgeschafft. Was für ein Unsinn! - Das sagen Leute, die nicht lesen können. Man muss ja das Grundgesetz nicht unter dem Arm tragen: Aber in Artikel 106 GG Absatz 2 steht sie klipp und klar – – die Vermögenssteuer. Sie alle haben ja ein Handy und sind mit dem Internet verbunden und können es nachlesen. Die Vermögensteuer ist keineswegs abgeschafft. Und was in der Verfassung steht, kann per Definition nicht verfassungswidrig sein.
Das Gegenteil ist richtig: Die Nichterhebung der Vermögenssteuer, das ist ein verfassungswidriger Zustand – zum Nachteil der finanziellen Handlungsmöglichkeiten der Kommunen, zum Nachteil des sozialen Zusammenhalts, zum Nachteil der Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger.
Und die Schuldenbremse. Jetzt zeigt sich, was wir als Linke bei ihrer Einführung gesagt haben: dass sie eine Zukunftsbremse ist. Da legt man sich vorsätzlich Fußfesseln an, das ist weltweit einmalig, und wundert sich, dass man finanz- und wirtschaftspolitisch keine großen Sprünge machen kann. Die Kommunen unterfallen nicht der Schuldenbremse, aber auch gerade deshalb wird ihnen eine Aufgabe nach der anderen aufgedrückt; aber auskömmlich finanziert wird das Ganze nicht, weil dann ja auf Landesebene die Schuldenbremse gerissen würde. Das Konnexitätsprinzip – „Wer bestellt, zahlt!“ - bleibt auf der Strecke. Zu Lasten der Kommunen. Ein unhaltbarer Zustand.
Und natürlich gäbe es in einer reichen Gesellschaft ausreichend Finanzmittel, wenn diese nicht für Rüstung und für Rüstungslieferungen in Kriegsgebiete verschwendet würden. Eine große Mehrheit, 60 % der Deutschen lehnt Waffenlieferungen an Israel ab (Stern/Forsa 22.10.24). Das ist auch richtig, denn diese Waffenlieferungen sind nach Völkerrecht Beihilfe zu Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Und Waffen in die Ukraine? – Hier waren bereits im September 51 % der Bevölkerung gegen weitere Waffenlieferungen (Statista/Ipsos 12.09.24). Und wir treten dafür ein, dass es 70 oder 80 Prozent werden. – Die Menschen wissen: Dieser Krieg ist von keiner Seite zu gewinnen. Der Wahnsinn muss ein Ende haben.
Und der zentrale Punkt: Die kommunalen Haushalte setzen eine wachsende Wirtschaft voraus, insbesondere eine industrielle Wertschöpfung. – Angesichts des Strukturwandels gilt das in besonderem Maße für unsere Region und für den Kohleausstieg. Gute Arbeit, tariflich gut bezahlte Arbeitsplätze in zukunftssicheren Industrien sind die ökonomische Basis auch für die Kommunalfinanzen.
Hier genügt es nicht auf die Ansiedlung von Microsoft-Hyperscalern zu verweisen, wenn gleichzeitig die energieintensive Industrie in der Region unter extrem gestiegenen Energiekosten leidet und auch die Handwerker und die Arbeitslosigkeit steigt.
Der Anstieg der Arbeitslosigkeit im Kreis gegenüber dem Vorjahr beträgt aktuell zwar nur 3,4 Prozent. Aber das liegt nur an der Demografie, weil nämlich deutlich mehr Ältere in Rente gehen als Jüngere in den Arbeitsmarkt eintreten. Sonst hätten wir angesichts der Rezession in der Wirtschaft längst wieder 6 oder 7 Prozent.
Und auch zu Microsoft muss man einiges richtig stellen. Leuchtturm hin oder her. Ich hatte auf der Revierwende-Konferenz des DGB Gelegenheit Thomas Langkabel, den Technikchef für Deutschland, zu hören. Auf Nachfrage von Gewerkschaftern klärte er schnörkellos auf, mit welcher Arbeitsplatzwirkung das Investment verbunden sein wird.
Die beiden Standorte im Kreis, in Bedburg und Bergheim, bestätigte er; dagegen nicht den dritten im Rhein-Kreis Neuss, den wird es entgegen ursprünglicher Ankündigung wohl nicht geben. Für jedes Rechenzentrum sei von ca. 150 Beschäftigten auszugehen, davon allein rund 50 für Bewachung und Sicherheit und der Rest im Wesentlichen für Wartung etc. Und bei der Zahl der sog. „induzierten“ Arbeitsplätze im Digital-Bereich – also bei IT-Firmen, die sich wegen der Nähe zu den Rechenzentren neu ansiedeln - müsse nach seiner Erfahrung und Einschätzung von einem Faktor zwei bis drei ausgegangen werden; d.h. von rund 300 bis 450 zusätzlichen neuen Arbeitsplätzen. Also weit entfernt von dem Wunschdenken von 2.500 Arbeitsplätzen je Standort, was manche Microsoft-Propagandisten in der Presse zum Besten gegeben hatten.
Und zurück zu den Kommunal-Finanzen: Völlig unklar bei dem Thema Microsoft bleibt bis heute, mit wieviel Steuereinnahmen für die kommunale Ebene zu rechnen sein wird. Oder findet in den Rechenzentren u.U. gar keine lokal wirksame Wertschöpfung statt und alle Einnahmen fließen über Verrechnung der Patent- und Dienstleistungskosten über die Muttergesellschaft in Billigsteuerländer wie die Niederlande oder nach Irland?
Auch das ist eine berechtigte Frage der Kommunalfinanzen, die aber bislang nirgends und von niemanden seriös beantwortet wird.
Und damit zum Schlusspunkt, meine Damen und Herren.
Wir haben hier im Kreistag eine klare und klassische Arbeitsteilung: Für Lobhudelei und Schönreden ist Jamaica zuständig.
Die kritischen Anmerkungen kommen von der Opposition, von uns. – Deswegen unser Nein zum Haushalt.