„Hartz IV-Mietspiegel“ des Jobcenters Rhein-Erft ist unwirksam

Die seit April 2016 für den Rhein-Erft-Kreis geltende Berechnung der angemessenen Höhe der Kosten der Kosten der Unterkunft (KdU) – der sog. „Hartz IV-Mietspiegel“ – ist rechtsunwirksam. Das hat das Sozialgericht Köln in einem Urteil vom 3. Dezember 2018 entschieden (siehe Anlage 1). Dieses Urteil liegt jetzt in Langfassung vor und steht am kommenden Donnerstag, den 21. Februar 2019, auf der Tagesordnung des Sozialausschusses des Kreistages (siehe Anlage 2).

Das Urteil des Sozialgerichts betrifft die Klage eines Hartz IV-Empfängers gegen das Jobcenter Rhein-Erft. Dieses hatte dem Kläger die beantragten Leistungen für Kosten der Unterkunft gekürzt und sich dabei auf ein vom Rhein-Erft-Kreis im Jahr 2016 eingeholtes Gutachten der Unternehmensberatung Rödl & Partner zur angemessenen Miethöhe berufen. Das Sozialgericht Köln stellt jetzt fest, dass dieses Gutachten rechtsunwirksam ist. Wörtlich heißt es in dem Urteil zu dem Gutachten:

„Das Konzept genügt hinsichtlich der Datenerhebung und –auswertung sowie der Folgerichtigkeit betreffend der Bildung einer abstrakt angemessenen Grundmiete und Betriebskosten nicht den vom Bundessozialgericht aufgestellten Mindestanforderungen (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 16.06.2015 – B 4 AS 44/14 R). (…)

Als Folge sind daher in dem bestrittenen Einzelfall die tatsächlichen Kosten der Unterkunft zu übernehmen.“

Hierzu erklärt Hans Decruppe, Rechtsanwalt und Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE im Kreistag: „Das Urteil hat weitreichende Folgen. Denn wenn das Gutachten aus 2016 unwirksam ist, dann ist es auch die auf dem Gutachten beruhende aktuelle, seit Juli 2018 geltende Folgeberechnung der Mietobergrenzen für Hartz IV-Berechtigte im Kreis. Das bedeutet gleichzeitig, dass alle Bescheide des Jobcenters, die seit April 2016 auf der Grundlage des Gutachtens zu Kürzungen der Kosten der Unterkunft geführt haben, rechtlich angreifbar sind. Gleiches gilt für Bescheide mit der Aufforderung, sich eine kostengünstigere Wohnung zu suchen.“

DIE LINKE wird jetzt eine entsprechende Aufklärungskampagne mit Infoveranstaltungen und Aktionen vor den örtlichen Jobcentern durchführen.

„Alle Hartz IV-Berechtigten, die auf der Grundlage des rechtsfehlerhaften Gutachtens Nachteile erlitten haben, sind aufgerufen, Widerspruch einzulegen. Wenn bislang kein Widerspruch beim Jobcenter eingelegt wurde, kann für zurückliegende Zeiträume ein sog. Überprüfungsantrag gemäß § 44 Abs. 1 SGB X i.V.m. § 40 Abs. 1 Nr. 2 SGB II gestellt werden. Dann sind verweigerte Leistungen vom Jobcenter bis zu einem Jahr nachzuzahlen,“ erläutert Decruppe die Rechtslage.

„Das Urteil des Sozialgerichts bestätigt zugleich die Kritik und rechtlichen Zweifel, die wir als LINKE von Anfang an dem Gutachten von Rödl & Partner hatten“, so Decruppe abschließend. Er verweist auf die Presseerklärung der Fraktion vom 02.05.2016, in der es u.a. heißt: „(…) es liegen wohl offenkundig methodische Fehler vor (…).“ (siehe Anlage 3) Diese methodischen Fehler hat das Sozialgericht Köln mit dem Urteil jetzt bestätigt.