Anfrage zu Leistungen zur Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben im Rhein-Erft-Kreis

Sitzung des Ausschusses für Soziales und Generationen am 28. Februar 2024

Sehr geehrter Herr Halbritter,

nach § 28 SGB II stehen Kindern, deren Eltern Bürgergeld (Hartz IV) erhalten, Leistungen für Bedarfe für Bildung und die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben zu (sog. BuT). Vereinsmitgliedschaften, Hobbys, der Besuch von Musikschulen usw., die Teilnahme an Klassenfahrten und an gemeinschaftlicher Mittagsverpflegung soll damit ermöglicht werden. Für die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden dabei pauschal 15 Euro monatlich berücksichtigt (siehe § 28 Abs. 7 SGB II).

Soweit die Theorie und Gesetzeslage. Die Praxis, mit der arme Kinder im SGB II-Bezug behandelt werden, sieht dagegen völlig anders aus.

Der Paritätische Wohlfahrtsverband hat die Praxis der Gewährung der BuT-Leistungen nach § 28 Abs. 7 SGB II wissenschaftlich und flächendeckend in der Bundesrepublik in einer Expertise für das Jahr 2022 untersucht (vgl. https://www.der-paritaetische.de/fileadmin/user_upload/Seiten/Presse/docs/expertise_BuT-2023_web.pdf).

Für den Rhein-Erft-Kreis wurde ermittelt, dass nur 9,3 % der anspruchsberechtigten Kinder diese BuT-Leistungen vom Jobcenter erhielten. Im Jahr 2022 gab es nach der Expertise insgesamt 7.889 leistungsberechtigte Kinder im Rhein-Erft-Kreis im Alter von 6 bis unter 15 Jahren. Davon erhielten jedoch nur 736 (= 9,3 % der Berechtigten) BuT-Leistungen. Das ist skandalös und liegt weit unter dem Landesdurchschnitt in NRW von 22,8 % der Leistungsberechtigten. Besonders deutlich ist der Abstand zu Kreisen und kreisfreien Städten wie Münster, wo insgesamt 95,9 % der Leistungsberechtigten ihre Ansprüche erhalten oder dem Kreis Warendorf, in dem es sogar 97,4 % der Leistungsberechtigten sind.

Vor diesem Hintergrund bitte ich als Kreistagsmitglied die Verwaltung gemäß § 26 Abs. 4 Satz 1 KrO NRW um die Beantwortung folgender Fragen:

  1. Wie viele Kinder, die Anspruch auf Leistungen zur sozialen und kulturellen Teilhabe nach § 28 Abs. 7 SGB II haben, gab es im Rhein-Erft-Kreis im vergangenen Jahr 2023?
  2. Wie viele davon nahmen Leistungen zur sozialen und kulturellen Teilhabe in Anspruch?
  3. Werden die Leistungsberechtigten und deren Erziehungsberechtigten im Zuge der Beantragung oder Bescheidung von Sozialleistungen nach dem SGB II über ihre Ansprüche zur sozialen und kulturellen Teilhabe informiert?
    • Falls ja, auf welche Weise?
  4. Wie lange dauert es im Durchschnitt von der Einreichung eines Nachweises bis zur Zahlung der Leistungen für Bildung und Teilhabe?
  5. Wie erklärt und bewertet das Jobcenter Rhein-Erft die vom Paritätischen Wohlfahrtsverband ermittelte Quote der Inanspruchnahme der BuT-Leistungen im Rhein-Erft-Kreis im Jahr 2022 von nur 9,3 %?
  6. Wie erklärt das Jobcenter die wesentlich höheren Quoten der Inanspruchnahme der Leistungen zur sozialen und kulturellen Teilhabe in anderen Städten und Kreisen wie Münster oder Warendorf?
  7. Wie bewertet das Jobcenter die Zusammenarbeit mit den Anbietern der geförderten Aktivitäten im Bereich der sozialen und kulturellen Teilhabe?
  8. Sind vom Jobcenter Maßnahmen geplant, damit, in Zukunft vermehrt die Leistungen der sozialen und kulturellen Teilhabe in Anspruch genommen werden können?
    • Wenn ja: Welche Maßnahmen sind das?

Ich bitte zugleich um schriftliche Beantwortung der Fragen.

Mit freundlichen Grüßen

    Hans Decruppe

(Fraktionsvorsitzender)