Stellungnahme der Linken NRW zum „10-Punkte-Plan“ von Wirtschaftsminister Pinkwart zum beschleunigten Strukturwandel im Rheinischen Revier
Hans Decruppe, stellvertretender Landessprecher DIE LINKE. NRW und Fraktionsvorsitzender der Linken im Kreistag des Rhein-Erft-Kreises, nimmt zu diesen Plänen wie folgt Stellung:
„Wenn die CDU/FDP-Landesregierung NRW jetzt den Strukturwandel für das Rheinische Revier beschleunigen will, kommt das im Grunde 10 Jahre zu spät, ist aber aus meiner Sicht klimapolitisch unausweichlich. Verantwortlich für die Versäumnisse in der Vergangenheit ist vor allem die Landespolitik, die entgegen wissenschaftlicher Erkenntnisse erst jetzt auf die Dringlichkeit des Kohleausstiegs reagiert.
Ich möchte daran erinnern, dass im Dezember 2015 das Pariser Klimaschutzabkommen mit dem jetzt so betonten 1,5-Grad-Ziel beschlossen wurde, dass aber noch ein halbes Jahr später, am 06.07.2016, die damalige NRW Landesregierung aus SPD und den Grünen mit der Leitentscheidung Garzweiler beschlossen habe,
„dass Braunkohlenabbau im rheinischen Revier weiterhin erforderlich ist. Die Tagebaue Hambach und Inden bleiben unverändert.“
Was ja nichts anderes hieß, dass der Hambacher Wald abgebaggert werden soll. Jetzt tun alle so, als hätte es das nicht gegeben.
Und auch die Kreispolitik im Rhein-Erft-Kreis – insbesondere die politisch dominierende Jamaica-Koalition aus CDU, Grünen und der FDP - hat auf diesem Gebiet versagt. Sie hat das inzwischen überholte Ausstiegsdatum 2038 mit ihrer Zustimmung zur neuen Leitentscheidung noch im Dezember letzten Jahres ohne jede Kritik durchgewunken. Die Position der Linken im Kreistag, dass das Ende der Kohle schon 2030 kommen müsse und werde, haben diese Kräfte abgelehnt und sogar belächelt. Jetzt kommt der vorzeitige Ausstieg und CDU, FDP, Grüne aber auch die SPD im Kreis stehen ziemlich belämmert da.
Nur hat das alles seinen Preis, dem der von Pinkwart vorgelegte Plan aber nicht ansatzweise gerecht wird. Es reicht einfach nicht, dass die versprochenen Strukturfördermittel schneller verfügbar sein müssen. <Gut Ding braucht Weile>, heißt es zu Recht. Beschleunigung geht dagegen regelmäßig auf Kosten der Qualität. Der Strukturwandel wird jetzt teurer, braucht mehr Mittel, mehr Personal für qualifizierte Planungskapazitäten und sachliche Mittel, wie z.B. Industrieflächen. Wo sollen die auf die Schnelle herkommen, frage ich. Schon jetzt ist zu befürchten, dass die von Pinkwart vorgesehene <Sonderplanungszone Rheinisches Revier> und die <Experimentierklauseln im Planungsrecht> dazu führen werden, dass Belange des Umweltschutzes und der Beteiligung der betroffenen Bürger im Revier unter die Räder des Beschleunigungsprozesses geraten werden.
Dabei findet der Prozess des Strukturwandels bereits jetzt ohne wirkliche demokratische Beteiligung der Menschen und Beschäftigten im Rheinischen Revier statt. Die Zukunftsagentur Rheinisches Revier hat sich als völlig intransparent und ungeeignet für eine moderne Bürgerbeteiligung erwiesen. Die ZRR ist ein Instrument des Wirtschaftsministers Pinkwart, um die politischen Vorstellungen der Landesregierung zum Strukturwandel und die Auswahl der Förderprojekte <top down> - von oben herab
– im Revier um- und durchzusetzen. Selbst Bürgermeister, mit denen ich gesprochen habe, wissen z.T. nicht, wie sie eine Förderung von Strukturwandelprojekten in ihrer Gemeinde erhalten bzw. wie der Stand ihrer jeweiligen Förderanträge ist. Die ZRR wäre zu demokratisieren; eine „Stärkung der ZRR“, wie es Pinkwart vorhat, geht in die völlig falsche Richtung.
Als Gewerkschafter bin ich zudem tief enttäuscht, dass der <10-Punkte-Plan> von Pinkwart keinerlei Vorstellungen enthält, wie zukunftsfähige Industriearbeitsplätze im Revier erhalten und geschaffen werden können. Nur <Fachleute für den Strukturwandel halten> ist nichtssagend und viel zu wenig. Offensichtlich geht Pinkwart in liberaler Vorstellung davon aus, dass der Markt das schon richten werde, wenn man nur genug Finanzmittel in die Region pumpt. Aus meiner Sicht wird dies nur dazu führen, dass sich Unternehmen und Privatinvestoren an diesen Milliarden-Mitteln bereichern können, also eine Privatisierung – d.h. Enteignung – öffentlicher Geldmittel droht. Als Linker fordere ich stattdessen die Einrichtung eines Transformationsfonds (analog der von der Linken für NRW schon länger geforderten Industriestiftung), dessen Mittel unter demokratischer Kontrolle und Entscheidung eines regionalen, demokratisch zusammengesetzten Transformationsrates – und anstelle der Zukunftsagentur – vergeben werden. Wenn der Staat dann Fördermittel an Private vergibt, muss das durch entsprechende Kapitalbeteiligungen an den Gesellschaften und Unternehmen abgesichert werden. Nur so kann darauf Einfluss genommen werden, dass der Strukturwandelprozess auch in gesellschaftlich und demokratisch gewollten Bahnen verläuft und die Gesellschaft, d.h. der staatliche Finanzier, und damit auch die Menschen in der Region Rendite aus dem Strukturwandelprozess ziehen können.“